Der Berchtesgadener Anzeiger berichtete am 09. Dezember 2014 in gekürzter Form. Hier der ganze Artikel:
Speisen am ausnahmsweise reich gedeckten Tisch
Freude und Sorgen lagen bei der Adventsfeier der Berchtesgadener Tafel eng beieinander.
Berchtesgaden – Bei der diesjährigen Adventsfeier der Berchtesgadener Tafel saßen nicht nur Bedürftige und Ehrenamtliche an einem Tisch, sondern auch Freude und Sorgen lagen eng beieinander.
Seit vier Jahren ist sie Tafelgast. Ihre Rente reicht gerade so für eine kleine Wohnung und für das Allernotwendigste, das sie im Alltag benötigt. Weihnachtsgeschenke für die zehn Enkelkinder sind der einzige Luxus, den sie sich leistet. Die wöchentliche Lebensmittelausgabe der Berchtesgadener Tafel ist für sie lebensnotwendig. Ihre Tischnachbarin musste ihren erst vor wenigen Monaten gefundenen Teilzeitjob wieder aufgeben. Wohin mit den Kindern, wenn der Kindergarten am späten Nachmittag schließt, aber der Laden, in dem sie arbeitet, täglich bis 20 Uhr geöffnet ist?
Viele der Berchtesgadener Tafelgäste sind Rentner und Alleinerziehende, dazu kommen Menschen, deren Lebensweg von Krankheit oder Hoffnungslosigkeit gezeichnet ist. Die von den Geschäften der Region gespendeten Lebensmittel müssen auf eine fortwährend wachsende Zahl Bedürftiger verteilt werden. Nicht nur wegen der Flüchtlinge aus den Krisengebieten unserer Welt, die seit gut einem Jahr jede Woche dazustoßen.
Wie jedes Jahr luden die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Berchtesgadener Tafel ihre Gäste zur gemeinsamen Adventsfeier ein. Sechs Bürgermeister bzw. ihre Vertreter sowie mehrere Pfarrer und deren Mitarbeiter waren gekommen, um gemeinsam mit den bedürftigen Menschen ihrer Gemeinden den Adventsbeginn zu begehen. Bei aller Freude über die liebevolle Tischdekoration, die selbstgebackenen Kuchen, die Musikbegleitung durch zwei junge Volksmusikanten und die Tüten mit ausgesuchten Leckereien für die kommenden Feiertage – Sorgen und Existenzängste waren nahezu greifbar.
Eduard Landes, erster Vorsitzender der Tafel und wichtige Vertrauensperson für alle Tafelgäste, zeigte in seiner Ansprache, wie ernst er die Sorgen seiner Schützlinge und vor allem die aktuellen Schwierigkeiten nimmt. „Wir wissen, einige der Neuen verhalten sich oft rücksichtslos und ohne Respekt gegenüber den langjährigen Tafelkunden und den Mitarbeitern. Wir wissen, manche drängeln sich vor und wollen immer noch mehr haben.“ Er machte auf das Schicksal der Flüchtlinge aufmerksam, auf ihre Vertreibung, auf ihren Verlust der Heimat und oft auch der Familie. Darauf, dass sie fordernd sein mussten, um überleben zu können – und nun lernen müssen, dass hier sie hier dann zu ihrem Recht kommen, wenn sie sich an notwendige Regeln halten. „Ich wünsche Ihnen und uns gegenseitigen Respekt, Geduld und Freundlichkeit, die gerade in einer Krise für alle gelten müssen, egal ob weiß oder schwarz, Mann oder Frau, wohlhabend oder arm.“, betonte Landes.
Monsignore Frauenlob sprach den Gästen Mut zu, das Gute trotz aller Schwierigkeiten, die das Leben bringt, im Blick zu behalten. Und ja, die Lebensmittelausgabe, ein offenes Ohr, kleine unbürokratische Hilfen werden von den Menschen sehr geschätzt, das erfahren die Tafelmitarbeiter wöchentlich. So bedankten sich viele Gäste der Adventsfeier beim Abschied ausdrücklich. Ihre Worte zeigten, dass vor allem die Zeit und Aufmerksamkeit, die in der Vorbereitung und in der persönlichen Begegnung steckten, gesehen und gespürt wurden. Ob die Tränen, die dabei einigen im Auge standen, allerdings nur Tränen der Dankbarkeit waren?
Ursula Wischgoll
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